Das kommt in den besten Familienunternehmen vor
Warum es sich trotz Herausforderungen lohnt, mit der eigenen Familie zu arbeiten
Wussten Sie, dass in Deutschland etwa 90 Prozent aller Unternehmen familiengeführt sind? Und dass Familienunternehmen mehr als die Hälfte des volkswirtschaftlichen Umsatzes erzielen?
Sie sind für die Wirtschaft also von enormer Bedeutung. Doch wer an dieser Stelle nur an Großkonzerne wie Volkswagen, ALDI und Bosch denkt, betrachtet nur die eine Seite der Medaille. Denn vor allem kleinere Unternehmen werden häufig von Familienhand geführt.
Wir von SumUp wollten herausfinden, was Familienunternehmen ausmacht. Dafür haben wir im August mehr als 1.000 Händler in Europa befragt – in Deutschland, Großbritannien, der Schweiz, Italien und Frankreich. Wir sprachen dafür vor allem mit kleineren Unternehmen, an denen mindestens zwei Personen aus derselben Familie beteiligt oder im Management sind.
Familienunternehmen sind zukunftssicherer
Gerade in unsteten Zeiten wie diesen spricht viel dafür, in einem Familienunternehmen angestellt zu sein oder eines zu führen. Wie unsere Umfrage zeigte, sind 41 Prozent der familiengeführten Unternehmen bereits seit bis zu 20 Jahren am Markt – einige von ihnen in vierter Generation. Die Wahrscheinlichkeit, langfristig Bestand zu haben, ist laut Umfrage für sie größer als für andere Betriebe.
Viel Arbeit, doch auch viel Abwechslung
Trotz der größeren Beständigkeit bringt die Arbeit in einem Familienunternehmen auch einige Herausforderungen mit sich – vor allem was die Arbeitsbelastung und die fehlende Abgrenzung zum Privatleben angeht. In unserer Umfrage gaben 34 Prozent der befragten Familienunternehmer an, über 50 Stunden in der Woche zu arbeiten. Bei weiteren 22 Prozent waren es sogar über 60 Stunden.
Allerdings gaben derweil nur 23 Prozent der befragten Familienunternehmer an, dass sich ihr Arbeitspensum lohne, da sich ihr Einkommen seit der Gründung stark verbessert habe. Ganze 41 Prozent, also knapp die Hälfte, äußerten, neben ihrem Haupt- noch einem Zweitjob nachzugehen.
Das Ausüben eines Zweitjobs ist jedoch nicht immer finanziell bedingt. So wie für Juliette Nickel, Gründerin des Familienbetriebs fabrikat89, die mit ihren zwei Schwestern Pop-Up-Stores für Interior- und Design-Produkte veranstaltet.
“Ich arbeite auch freiberuflich im Interior Design und entwickele Flächenkonzepte für Modegeschäfte und Kosmetikstudios. Da unsere Pop-Ups saisonal sind, lassen sich diese Projekte auch gut in der Zwischenzeit umsetzen. Diese Abwechslung ist nicht nur spannend, sondern beflügelt auch unsere Pop-Ups durch mein immer wachsendes Netzwerk und Portfolio.”
Stärke durch familiären Zusammenhalt
Allen Herausforderungen zum Trotz ist die Gründung eines Familienunternehmens für viele Kleinunternehmer genau die richtige Entscheidung. Grund dafür ist vor allem die emotionale Verbindung und der familiäre Zusammenhalt, wie auch Juliette Nickel berichtet:
“Meine Schwestern und ich sind uns nah genug, um jede Stresssituation zu überwinden.”
“Wir respektieren unsere Leistungen und die jeweiligen Arbeitsbereiche, können ehrlich zueinander sein, uns gegenseitig vertrauen und uns direkteres Feedback geben. Diese Nähe ist für mich sehr wertvoll und ich bin unheimlich dankbar, dass wir einander haben und uns gegenseitig Mut machen können.”
Familienbetriebe sind Vorreiter in Sachen Digitalisierung
Wie unsere Umfrage zeigt, sind deutsche Familienunternehmen bei der Digitalisierung vorne mit dabei – vor allem bei digitalen Zahlungsmöglichkeiten. Denn neben den herkömmlichen Zahlungsarten wie mit EC- und Kreditkarten bieten sogar 32 Prozent der familiengeführten Händler das mobile Bezahlen mit dem Smartphone (z.B. per Google oder Apple Pay) an. Ganze 20 Prozent nutzen regelmäßig Zahlungslinks, die sie per E-Mail, WhatsApp oder SMS verschicken. 19 Prozent gaben an, QR-Codes zur Bezahlung zu anzubieten.
Trotzdem spielt das Bargeld für Familienunternehmen noch eine große Rolle. 90 Prozent gaben an, Bargeld anzunehmen, um ein breites Bezahlspektrum anbieten zu können.
Interessanterweise ist es vor allem die Babyboomer-Generation zwischen 50 und 59 Jahren, die die Digitalisierung vorantreibt. Mit 37 Prozent machen sie den größten Anteil derjenigen aus, die in den letzten Jahren digital Zahlungstools in Ihrem Unternehmen eingeführt haben. Ihre Gründe dafür seien vor allem die Benutzerfreundlichkeit, die niedrigen und transparenten Kosten und die Nachfrage der Kundschaft.
Ein Tipp für Familienunternehmer: Klare Rollen definieren
Für alle, die mit der Entscheidung spielen ein Familienunternehmen zu gründen oder bereits eines führen, gibt Juliette Nickel noch einen guten Tipp.
“Für uns war es von Anfang an wichtig, Rollen klar zu definieren. Daher haben wir viel in Coaches investiert. Das kann ich jedem für die Gründung und Weiterentwicklung empfehlen."
“Wir hatten auch das Glück immer wieder auf Mentoren zu stoßen, die uns zeitweise begleitet haben und auf die wir immer noch zurückgreifen können. Sie sind nicht Teil der Familie – das bringt wieder frischen Wind und einen klaren Blick von außen."
Darüber hinaus, so sagt sie, seien Pausen und die Fähigkeit, am Ende wieder gemeinsam an den Tisch zu kehren, enorm wichtig.
“Das ist natürlich eine Übungssache. Aber da wir uns seit 33 Jahren kennen, wissen wir, was wir gegenseitig können. Wir wissen unsere Begabungen, aber auch Hoch- und Tiefphasen, zu schätzen und zu respektieren.”
Klar ist: Die Gründung und vor allem die langfristige Führung sind nicht leicht. Doch mit einem offenen Blick und Willenskraft überwiegen doch die Vorteile, Privates und Berufliches zu vermischen.