Schneiderei eröffnen: mit und ohne Meistertitel

Welche Voraussetzungen gelten, um eine Schneiderei zu eröffnen? Wie geht man vor?

Schneiderei eröffnen: mit und ohne Meistertitel

Welche Voraussetzungen gelten, um eine Schneiderei zu eröffnen? Wie geht man vor?

Eine eigene Schneiderei eröffnen ist für viele Schneider eine Überlegung – Selbstständigkeit ist in dem Berufsstand verbreitet. Wir haben uns angeschaut, wie die Chancen für Schneidereien aussehen und welche Voraussetzungen man für die Gründung erfüllen sollte. Unsere Schritt-für-Schritt-Anleitung hilft bei der korrekten und erfolgreichen Selbstständigkeit.

Chancen für selbstständige Schneider

Im Juni 2023 gab es 13.072 Betriebe für Maßschneiderei, Anfang des Jahres waren es noch über 13.400. Zum Vergleich: Bei Kosmetiker:innen beispielsweise gab es in dem Zeitraum einen Zuwachs von 1.418 auf 72.853. Allgemein zeigte sich aber bei den meisten Handwerksbetrieben ein leichter Rückgang. Was bedeutet das für die Entscheidung, ob man sich als Schneider selbstständig macht oder nicht?

Der Bedarf für maßgeschneiderte Mode ist sicherlich da. Überall dort, wo es besonders und individuell werden soll, sind Maßschneider gefragt: am Theater, bei Film und Fernsehen, für Abendveranstaltungen und Feierlichkeiten oder einfach Kunden mit besonderen Ansprüchen. In der vergleichsweise kleinen Branche ist es umso wichtiger, sich örtlich und inhaltlich gut zu positionieren. Wo eine Schneiderei schließt aufgrund von fehlender Nachfolge oder Nachfrage, kann jemand mit Weitblick und einem besonderen Angebot den Platz einnehmen.

Die Kostümschneiderin Wiebke Tirrel eröffnete ihre eigene Schneiderei in Köln Ehrenfeld, nachdem sie unerwartet ihren Job verlor. Aus heutiger Sicht war es eine super Entscheidung.

Voraussetzungen und persönliche Eignung zum Gründen einer Schneiderei

Für meine Schneiderei brauche ich nur Stoffe, Papier und eine Nähmaschine, oder? Natürlich ist fachliche Qualifikation wichtig, um als selbstständiger Schneider oder als Schneiderin erfolgreich zu sein. Zum Gründen gibt es aber noch andere Voraussetzungen, wie persönliche Eignung und geschäftliches Know-how. Viele Unternehmen scheitern, weil sie den Markt nicht richtig analysiert haben, weil finanzielle Mittel fehlen oder rechtliche Vorgaben aus Unwissenheit nicht beachtet wurden.

Persönliche Eignung bedeutet zum einen, dass man bereit ist, Risiken einzugehen. Die Sicherheit eines Angestelltenjobs entfällt – und damit Annehmlichkeiten wie Gehaltszahlung bei Krankheit oder Urlaub. Zahlungen kommen unregelmäßig, Aufträge oft spontan und das wirkt sich unmittelbar auf den Kontostand bzw. die Liquidität aus. So manche haben ihre Selbstständigkeit schon aufgegeben, weil sie Eltern wurden und das Risiko und den zeitlichen Aufwand dann nicht mehr hinnehmen wollten. Auch das persönliche Umfeld und dessen Unterstützung spielt also eine Rolle.

Den zeitlichen Aufwand hat man besonders zu Anfang einer Gründung, aber viele verbinden Selbstständigkeit dauerhaft mit dem Spruch „selbst und ständig“. Man fragt sich schon zweimal, ob man sich Urlaub wirklich leisten kann oder ob man den Auftrag nicht noch schnell nach den Öffnungszeiten erledigt, um Rechnungen bezahlen zu können. Finanziell kann man mit einer guten, realistischen Planung einschätzen, wie viel Gewinn man mit der angestrebten Arbeitszeit erreichen kann.

Viele Gründungen scheitern auch am fehlenden wirtschaftlichen Denken. Aufträge müssen komplett anders kalkuliert werden als Stundenlöhne von Angestellten. Insbesondere ist ein Grundverständnis von allen relevanten Abläufen im Unternehmen, und wo Fallstricke lauern können, nötig. Finanzen und Buchhaltung, Marketing und Vertrieb liegen in der Hand der Geschäftsführung und sie muss dafür geradestehen, wenn etwas schiefläuft. Ebenso bekommt man Unmut von Kunden direkt ab und kann nicht auf den Vorgesetzten verweisen. Sobald der Arbeitsaufwand nicht mehr allein zu stemmen ist, ist zusätzlich Kompetenz in Personalgewinnung und -führung wichtig.

Eigene Schneiderei mit oder ohne Meistertitel

Und was ist mit dem Meister? In vielen handwerklichen Berufen wird zum Gründen ein Meisterbrief verlangt. Ein Meisterbrief ist allerdings keine Voraussetzung mehr für das Eröffnen einer Maßschneiderei. Schon seit 2003 gilt der Beruf Maßschneider laut Handwerksordnung als zulassungsfrei. Selbst eine Lehre muss nicht vorgewiesen werden – anders als für das Betreiben einer Änderungsschneiderei, die als handwerksähnlicher Beruf eingeordnet ist.

Auch wenn ein Meister nicht vorausgesetzt wird – eine Ausbildung zum Maßschneider, Änderungsschneider oder Modeschneider zeigt, dass man sich in seinem Fach auskennt, und knüpft wichtige Kontakte. Gibt es in der näheren Umgebung schon Schneidereien, wird öfter die Wahl auf solche mit Meisterbrief fallen. Ohne Qualifikation wird es besonders dann schwierig, wenn man noch keinen Kundenstamm hat, der sich schon von der Qualität der Arbeit überzeugen konnte. Ein weiterer Vorteil einer Ausbildung oder des Meisterbriefes ist es, dass er Schneidern ermöglicht, im eigenen Betrieb auszubilden.

Wer sich auch ohne Meisterpflicht für das Ablegen der Meisterprüfung entscheidet, muss als Schneider mit über 10.000 € Kosten rechnen. Über das Aufstiegs-BAföG kann man aber Zuschüsse beantragen und über die KfW zinsgünstige Darlehen über den verbleibenden Betrag. Ist mit der Meisterprüfung gleichzeitig eine Gründung verbunden, bleibt letztendlich nur ein Bruchteil der eigentlichen Kosten übrig. Anlaufstellen, wo man die Ausbildung machen kann, sind die Handwerkskammern und sogenannte Meisterschulen.

In 6 Schritten zur eigenen Schneiderei

Passen die persönlichen Voraussetzungen, stellt sich die Frage, welcher Weg erfolgreich zur eigenen Schneiderei führt. Mit diesen 6 Schritten können Sie gut vorbereitet in die Selbstständigkeit starten und dadurch das Risiko möglichst gering halten:

Businessplan und Kalkulation

Wenn Sie eine Schneiderei gründen wollen, haben Sie vermutlich einen groben Plan und Ideen zur finanziellen Gestaltung im Kopf. Ein Businessplan hilft dabei, Ordnung in diese vorbereitenden Gedanken zu bringen. Er ist aber auch Voraussetzung für Kreditgeber, also Investoren und Banken, oder für die Arbeitsagentur, wenn Sie aus der Arbeitslosigkeit heraus gründen und an einen Gründungszuschuss denken.

Vor allem dient der Businessplan Ihnen aber als Orientierung und zeigt auf, wo das Geschäft Schwachstellen aufweist. Außerdem hilft er dabei, in den ersten Jahren zu prüfen, ob das Geschäft auf dem richtigen Weg ist. Viele Gründer sind schon ohne Businessplan gestartet und haben das hinterher bereut.

In den Businessplan gehören:

  • Formales wie Deckblatt, Inhaltsverzeichnis, Zusammenfassung und Anhang

  • Erläuterung der Geschäftsidee und der Zielgruppe

  • Profil des Gründers bzw. der Gründerin: Qualifikation, Erfahrung, Netzwerk

  • Markteinschätzung und Wettbewerbssituation – wie planen Sie, sich zu positionieren und vom Wettbewerb abzuheben? Welche Trends gibt es, auf die Sie mit Ihrem Angebot vielleicht reagieren?

  • Standort

  • Geplante Unternehmensorganisation und Personal Risikoanalyse: Welche Hürden können auftreten, wie kann darauf reagiert werden?

  • Plan für Marketing-/Vertriebsstrategie

  • Finanzplanung für die ersten drei Jahre – ein Punkt, an dem viele ratlos sind, denn man schätzt ins Blaue hinein. Bedenken Sie dabei jahreszeitliche Schwankungen und Kosten, die in bestimmten Monaten eintreten. Was ist das benötigte Startkapital und wie wird es beschafft?

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Standortwahl für eine Schneiderei

Der zu wählende Standort ist für Schneidereien nicht unerheblich, es sei denn, Sie möchten eine neuartige digitale Dienstleistung anbieten. Die Fragen, die sich bei der Standortwahl stellen, sind: Welche Konkurrenz gibt es vor Ort? Und welche Chancen bieten sich vielleicht durch die Nähe zu Theatern oder Filmstudios? Wie hoch sind die Gewerbemieten? Welche Räumlichkeiten kommen infrage? Wie ist die Lage im Ort und die dazugehörige Infrastruktur? Ein gut platzierter Laden befindet sich dort, wo viel Laufkundschaft aus der angepeilten Zielgruppe unterwegs ist.

Rechtliches und Formalitäten

Bürokratie bleibt bei der Gründung einer Schneiderei nicht aus. Sobald Sie einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen, mit dem Ziel, einen Gewinn zu erwirtschaften, sind Sie verpflichtet, sich beim Gewerbeamt bzw. Finanzamt zu melden. Modedesigner könnte für das Finanzamt auch als künstlerischer und somit freiberuflicher Beruf gelten – dann würde die Anmeldung beim Gewerbeamt entfallen. Klären Sie das bei Unsicherheit am besten mit Steuerberater und Finanzamt.

Erfolgt die Anmeldung über das Gewerbeamt des Wohnortes, wird eine Meldegebühr fällig. Außerdem wird die Anmeldung an die zuständige Handwerkskammer und das Finanzamt weitergegeben. Das Finanzamt sollte dann auf Sie zukommen und dazu auffordern, den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung einzureichen. Beim Ausfüllen kann ein Steuerberater unterstützen.

Gehalt eines Schneiders vs. Einkommen und Preise

Die Preisgestaltung bereitet vielen Neugründern Kopfschmerzen. Können sie als angestellter Schneider mit einem durchschnittlichen Bruttogehalt von 2.500 bis 2.700 € im Monat rechnen (Schneidermeister verdienen noch mal mehr), fehlen für Selbstständige oftmals Vergleichswerte.

Zudem wollen weitere Kosten gedeckt werden, die man als Angestellter nicht bedenken muss: Ausfallzeiten durch Krankheit und Urlaub, Mieten, Betriebsversicherungen und Materialien. Beachten Sie also, dass nicht 100 % Ihrer Zeit tatsächlich „abrechenbare“ Arbeitszeit ist. Aufwände für Buchhaltung und Rechnungsstellung, für Reklamationen und Formalitäten fließen letztendlich in die Preise Ihrer Dienstleistung mit ein. Wichtig sind auch ein gewisses Geschick und Selbstbewusstsein bei der Preisgestaltung: Trauen Sie sich, höhere Preise aufzurufen, wenn Sie sich weitergebildet haben oder eine besonders spezielle Leistung erbringen? Oder haben Sie eher Angst, Kunden zu verlieren, und erhöhen dann über Jahre hinweg nicht Ihre Preise, obwohl Ihre Kosten steigen?

Ein weiterer wichtiger Ansprechpartner ist die Handwerkskammer. Dort finden Sie Hilfe bei der Gründung und bei Formalitäten. Auch als zulassungsfreier Handwerker (Anlage B1 der Handwerksordnung als Maßschneider) sollten Sie sich dort melden. Gegebenenfalls kann über die Handwerkskammer auch online die Anmeldung beim Gewerbeamt miterledigt werden. Vorteilhaft ist ebenso, wenn Ihre Handwerkskammer Sie in eine Datenbank aufnimmt, wo Sie von potenziellen Kunden gefunden werden können.

Überlegen Sie sich Folgendes: Der Preis spiegelt Qualität wider. Bei einem günstigen Kleidungsstück erwarten Kunden eher Ecken und Kanten und dass es vielleicht nach kurzer Zeit beschädigt ist.

Finanzen/Kasse

Einen gut durchdachten Finanzplan haben Sie bestenfalls schon für Ihren Businessplan erstellt. Bevor Sie Geld verdienen können, brauchen Sie jetzt noch ein Geschäftskonto. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil sich Privates und Geschäftliches viel besser trennen lässt und es die Buchhaltung vereinfacht. Manche Geschäftskonten bieten Funktionalitäten, die das Leben noch weiter erleichtern, wie das Senden von Zahlungslinks.

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Mit einem eigenen Laden werden Sie auch eine Kasse benötigen. Die meisten Kunden erwarten zudem die Option, mit Karte zu bezahlen. Eine attraktive Kassenlösung für kleine Unternehmen ist das SumUp Kassensystem Lite. In Verbindung mit einem Kartenlesegerät sind Sie für alle Eventualitäten gewappnet.

Marketing und Akquise für Schneider

Die schönste, am besten kalkulierte und qualifizierte Schneiderei bringt nichts, wenn niemand sie kennt. Zum Start in die Selbstständigkeit gibt es oft wenige Kontakte, die über das Vorhaben Bescheid wissen und als Kundschaft dienen können. Umso wichtiger ist es, sich passende Marketingmaßnahmen zu überlegen. Je früher Sie damit anfangen, desto besser – nach hohen Startinvestitionen wollen Sie schnell schwarze Zahlen schreiben.

Früher haben Leute in den Gelben Seiten nach Maß- und Änderungsschneidern gesucht, heute wurden sie durch Google Maps abgelöst. Wer auf der Suche nach einer Maßschneiderei ist, wird sich also online umschauen, welche Läden sich in der Nähe befinden und wie sie bewertet sind. Auf Google können Sie Ihr Atelier eintragen und alle relevanten Informationen hinterlegen. Sie können sogar eine Einladung zur Eröffnung in den News hochladen. Das ist insbesondere deshalb interessant, weil Sie dort genau die regionale Zielgruppe erreichen, die infrage kommt.

Ähnlich ist es mit regionalen Anzeigeblättern oder auch ortsbezogenen Gruppen in den Sozialen Medien. Die Marketingstrategie ist auch immer davon abhängig, was Ihnen als Gründer oder Gründerin besonders liegt: Fotografieren Sie gern, sind Instagram und Pinterest gute Orte, um Fans für Ihre Designs zu begeistern – Flyer und direkte Kontakte eignen sich vielleicht eher für Extrovertierte und solche mit einem großen Netzwerk. Für alles, was man nicht besonders gut kann, sollte man sich Unterstützung ins Boot holen. Im Marketing rentiert sich das in den allermeisten Fällen.

Und, träumen Sie schon von Ihrer eigenen Schneiderei?

Wie wir gesehen haben, gibt es bei der Gründung einer Schneiderei viel zu bedenken und vorzubereiten. Es locken aber Freiheit und Selbstbestimmtheit, maximale Kreativität. Wer sich traut, den Weg in die Selbstständigkeit zu gehen, will vielleicht erst mal nebenberuflich starten. Dann bleibt Zeit, sich in Themen wie Finanzen und Marketing nach und nach hereinzufinden, und der sichere Hafen des Angestelltenverhältnisses fällt nicht komplett weg.

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