Neue Wege gehen: Die 4-Tage-Woche im Handwerk
Ist die Einführung der 4-Tage-Woche im Handwerk sinnvoll oder reine Utopie?
Neue Wege gehen: Die 4-Tage-Woche im Handwerk
Traditionelle Arbeitsmodelle stehen auf dem Prüfstand. Während es vor ein paar Jahren in vielen Berufen noch gang und gäbe war, die Arbeit von Montag bis Freitag täglich acht Stunden vor Ort im Unternehmen zu erledigen, setzen sich heute immer mehr alternative Arbeitsmodelle durch. Hier bildet auch das Handwerk keine Ausnahme. Arbeitsmodelle wie Homeoffice sind hier natürlich kaum umsetzbar. Sehr wohl aber die Einführung der 4-Tage-Woche im Handwerk. Wie jede Veränderung stellt dieses Arbeitszeitmodell die Betriebe vor Herausforderungen, bietet ihnen aber zugleich Chancen, sich im Kampf um qualifizierte Fachkräfte als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
Große Mehrheit für die 4-Tage-Woche
Eine Studie der Hans Böckler Stiftung, die die Einstellung Vollzeiterwerbstätiger in Deutschland zur Einführung einer 4-Tage-Woche untersucht hat, ergibt, dass sich rund 81 Prozent der Befragten eine Vier-Tage-Woche mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit wünschen. Allerdings besteht der Großteil der Befürworter mit knapp 73 Prozent auf vollen Lohnausgleich.
Als Gründe für die Befürwortung der 4-Tage-Woche gaben knapp 97 bzw. 89 Prozent der Befragten an, sich mehr Zeit für sich selbst und ihre Familie zu wünschen. Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie genießen eine hohe Priorität. Ebenso wie die Möglichkeit, mehr Zeit für Hobbies, Sport oder Ehrenämter zu haben. Dagegen möchten knapp 31 Prozent der Vollzeiterwerbstätigen ihre Arbeitszeit aufgrund von gesundheitlichen Problemen verkürzen. Dagegen befürchten 82 Prozent der Nicht-Befürworter, dass die 4-Tage-Woche nichts an den Arbeitsabläufen würde oder dass die Arbeit in kürzerer Zeit nicht zu bewältigen wäre (rund 77 Prozent) und lehnen die Arbeitszeitverkürzung daher ab. Etwa 86 Prozent der Nicht-Befürworter der 4-Tage-Woche möchten ihre Arbeitszeit nicht reduzieren, weil sie Spaß an der Arbeit haben.
Die Studie legt nahe, dass Produktivitätsverluste nicht zu erwarten sind: Die bisherige Forschung zeigt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer 4-Tage-Woche oft produktiver arbeiten als in einer 5-Tage-Woche. Entsprechend ist eher mit Produktivitätsgewinnen, einer verbesserten Work-Life-Balance und der Gesundheit der Arbeitnehmenden zu rechnen.
Allerdings weist die Studie auch darauf hin, dass die Einführung der 4-Tage-Woche Anpassungen in Bezug auf Arbeitsvolumen und Arbeitsabläufe erfordert. Verbindliche Vertretungsregelungen, mehr Personal und eine angepasste Arbeitsorganisation sind notwendig. Zusätzlich wird eine verlässliche öffentliche Kinderbetreuung benötigt, die die veränderten Arbeitszeiten unterstützt.
SumUp Solo Kartenterminal
Verkürzte Arbeitszeit im Handwerk: Was steckt dahinter?
Immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wünschen sich mehr Flexibilität im Job, um mehr Zeit für die Familie, Freunde oder Hobbies zu haben. Hier geht es nicht darum, dass die Menschen arbeitsfaul sind. Es geht vielmehr darum, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, um die Zeit, die wir bis zum Renteneintrittsalter vor uns haben, attraktiver zu gestalten – Stichwort Work-Life-Balance.
Work-Life-Balance verbessern
Neue und flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice, Remote Jobs, Workation, Job Sharing etc., lassen uns mehr Raum, Berufliches und Privates unter einen Hut zu bringen. Die traditionelle 5-Tage-Woche geht häufig mit langen Arbeitszeiten und wenig Freizeit, was zu Stress und Überlastung bei den Mitarbeitenden führen kann. Die Verkürzung der Arbeitswoche auf vier Tage ermöglicht ihnen mehr freie Zeit, um sich zu erholen, Zeit mit der Familie zu verbringen und persönlichen Interessen nachzugehen.
Gesundheit der Mitarbeitenden fördern
Eine verkürzte Arbeitswoche trägt nicht nur dazu bei, Job und Privatleben in Einklang zu bringen, sondern auch dazu, die physische und psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern. Sie haben mehr Zeit für Erholung, Sport und gesunde Lebensgewohnheiten. Gleichzeitig verschafft die 4-Tage-Woche ihnen längere und effektivere Ruhezeiten. Gerade im Handwerk, wo an jedem Tag körperlich schwere Arbeit auf dem Programm steht, ist die körperliche Entlastung entscheidend, um die Gesundheit bis ins Alter zu erhalten.
Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen
Im Ergebnis führt die 4-Tage-Woche zu gesunden, motivierten und zufriedenen Mitarbeitenden. Zufriedene Mitarbeitende sind in der Regel produktiver und loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber. Entsprechend kann die Einführung der 4-Tage-Woche die Mitarbeiterzufriedenheit und damit auch die Produktivität in Handwerksbetrieben steigern.
Arbeitgeberattraktivität steigern
Im Handwerk herrscht ein hoher Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte. Hier kann die Einführung der 4-Tage-Woche die Attraktivität von Handwerksbetrieben als Arbeitgeber steigern. Flexible Arbeitszeitmodelle tragen dazu bei, das Image des Unternehmens zu verbessern und es als sozial verantwortliches Unternehmen darzustellen, das sich um das Wohl seiner Mitarbeitenden kümmert. Diese Betriebe haben damit oft bessere Chancen, qualifizierte Fachkräfte anzuziehen und langfristig an sich zu binden.
SumUp Air Kartenterminal
Vorbehalte gegen die 4-Tage-Woche im Handwerk
Die Einführung der 4-Tage-Woche im Handwerk zielt darauf ab, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern sowie qualifizierte Fachkräfte anzulocken und zu halten. Entsprechend haben bereits zahlreiche Handwerksbetriebe die 4-Tage-Woche eingeführt oder testen, ob das Arbeitszeitmodell für sie infrage kommt. Trotz der zahlreichen Vorteile, die die 4-Tage-Woche im Handwerk bietet, sind viele Betriebe noch skeptisch und haben Vorbehalte. In einigen Branchen, in denen beispielsweise kundenspezifische Auftragsarbeiten oder Bauprojekte umgesetzt werden, könnte es schwieriger sein, eine 4-Tage-Woche zu implementieren, da die Arbeitsanforderungen oft unvorhersehbar sind. Das Gleiche gilt für Betriebe, die saisonalen Schwankungen unterliegen.
Kundenbedürfnisse und -erwartungen erfüllen
Zugegeben: Auf den ersten Blick scheint die verkürzte Arbeitswoche nicht zu den vollen Auftragsbüchern passen. Handwerkerinnen und Handwerker werden händeringend gesucht, Kunden müssen teilweise sehr lange auf freie Termine warten. Zudem erwarten Kunden oft schnelle Reaktionen und natürlich auch die termingerechte Fertigstellung von Aufträgen. Die Anforderungen der Kunden haben oberste Priorität. Hier gibt es Befürchtungen, die Erwartungen ihrer Kunden bei der Einführung der 4-Tage-Woche enttäuschen zu müssen und ihre Bedürfnisse nicht erfüllen zu können. Um sicherzustellen, dass Kunden nicht enttäuscht werden, erfordert die Umstellung auf eine kürzere Arbeitswoche auf jeden Fall eine sorgfältige Planung.
Höhere Arbeitsbelastung führt zu Produktivitätsrückgang
Handwerksbetriebe, die eine 4-Tage-Woche einführen, müssen sicherstellen, dass ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird. Ein häufiger Vorbehalt gegen die 4-Tage-Woche ist die Befürchtung, dass die Produktivität der Mitarbeitenden sinken könnte, da sie in kürzerer Zeit die gleiche Arbeit bewältigen müssen. Dies kann vor allem in Zeiten, in denen die Arbeitsbelastung hoch ist, ein Problem sein. Insbesondere in saisonabhängigen Handwerksbranchen kann es schwierig sein, die Arbeitsbelastung gleichmäßig auf die verbleibenden vier Tage zu verteilen. Muss die gleiche Menge Arbeit in weniger Zeit erledigt werden, können die verbleibenden Arbeitstage in der Woche intensiver werden, was zu Stress und Überlastung der Mitarbeitenden führen kann. Auch hier ist eine effiziente Arbeitsplanung zwingend erforderlich, um den Produktivitätsrückgang aufgrund einer höheren Arbeitsbelastung zu vermeiden.
Widerstand oder Skepsis der Belegschaft
Die 4-Tage-Woche gilt im Kampf gegen den Fachkräftemangel als wirksames Mittel, sich bei potenziellen Kandidaten als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Immer mehr Bewerberinnen und Bewerber bevorzugen Betriebe, die entsprechend flexible Arbeitszeitmodelle anbieten. Und auch in der Belegschaft gibt es mit Sicherheit viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Einführung der 4-Tage-Woche im Handwerksbetrieb begrüßen würden. Wer die verkürzte Arbeitswoche einführt, muss aber auch mit Mitarbeitenden rechnen, die der 4-Tage-Woche skeptisch gegenüberstehen oder sogar Widerstand leisten. Hier sind eine transparente Kommunikation und das Einholen von Feedback entscheidend, um die Mitarbeitenden in den Prozess einzubeziehen. Sie müssen die Gelegenheit erhalten, ihre Bedenken zu äußern. Zudem sollte auch niemand zur 4-Tage-Woche gezwungen werden.
Finanzielle Einbußen oder finanzielle Belastung?
Wer weniger arbeitet, verdient auch weniger. Dieser Gedanke wird sicherlich vielen Mitarbeitenden in den Sinn kommen. Grundsätzlich ist die Idee der 4-Tage-Woche aber nicht, Löhne zu reduzieren. Das bedeutet, dass die Betriebe die Arbeitszeit reduzieren und gleichzeitig die Löhne stabil halten müssen. Um Lohnkürzungen zu vermeiden und den Lohnausgleich sicherzustellen, fürchten einige Betriebe höhere Kosten, die durch die kürzere Arbeitswoche auf sie zukommen könnten.
Arbeitsrechtliche und tarifliche Herausforderungen
In der Regel wird in Betrieben, die die 4-Tage-Woche wollen, nicht einfach die Wochenarbeitszeit reduziert, sondern umverteilt. Gesetzliche Regelungen zur Arbeitszeit oder die Einhaltung eventuell bestehender Tarifverträge erschweren häufig eine flexiblere Einsatzplanung der Mitarbeitenden und können zu arbeitsrechtlichen Herausforderungen für die Betriebe führen.
Sorgfältige Planung erforderlich
Die Einführung der 4-Tage-Woche im Handwerk ist keine universelle Lösung und sollte gut durchdacht werden, um die potenziellen Herausforderungen zu bewältigen. Eine sorgfältige Planung, Kommunikation und Flexibilität sind entscheidend. Zudem ist es ratsam, Experten für Arbeitsrecht und einen Steuerberater hinzuzuziehen, um das richtige Modell zu finden, mit dem Sie in Ihrem Betrieb die Vorteile der verkürzten Arbeitswoche realisieren und gleichzeitig mögliche Nachteile minimieren können.
Wie funktioniert die 4-Tage-Woche im Handwerk?
Idealerweise erhalten Sie mit der Einführung der verkürzten Arbeitswoche zufriedene und motivierte Mitarbeitende, erhöhen die Produktivität, vermeiden höhere Kosten und sorgen gleichzeitig für zufriedene Kunden. Um dies zu erreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, um die 4-Tage-Woche in Handwerksbetrieben einzuführen. Für welche Methode Sie sich entscheiden, hängt von den spezifischen Anforderungen sowie der Organisation Ihres Betriebs, Ihrem Geschäftsmodell, aber auch von Ihren Mitarbeitenden und den geltenden Arbeitsrechtsbestimmungen ab.
Wochenarbeitszeit reduzieren
Die einfachste Methode zur Einführung der 4-Tage-Woche im Handwerk ist vermutlich die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitsstunden. Statt der herkömmlichen 40-Stunden-Woche, in der an jedem Arbeitstag acht Stunden gearbeitet wird, reduzieren Sie die Wochenarbeitszeit auf 32 Stunden. Es wird an vier Tagen gearbeitet, der fünfte Tag bleibt frei und Ihre Mitarbeitenden freuen sich auf ein 3-Tage-Wochenende. Bei dieser Herangehensweise sollten Sie aber sicherstellen, dass Ihren Mitarbeitenden keine Lohneinbußen entstehen. Entsprechend würden Handwerksbetrieben bei der einfachen Kürzung der Wochenstunden durch den Lohnausgleich höhere Kosten entstehen. Zudem müssten Sie Ihren Kunden gegenüber offen kommunizieren, dass Sie Ihre Mitarbeitenden wahlweise am Freitag oder am Montag nicht auf Baustellen schicken, keine Termine in Privathaushalten vergeben oder die Werkstatt geschlossen bleibt. Mit dieser konsequenten Herangehensweise könnten Sie allerdings riskieren, Kunden zu verärgern. Außerdem müssen Sie damit rechnen, dass nicht alle Mitarbeitenden begeistert sein werden – insbesondere, wenn Sie keinen vollen Lohnausgleich schaffen.
Stufenweise Einführung
Wenn Sie unsicher sind, ob und wie die Einführung der 4-Tage-Woche in Ihrem Betrieb funktioniert, können Sie diese auch schrittweise einführen. Zunächst könnten Testläufe mit ausgewählten Mitarbeitenden durchgeführt werden, bevor die Umstellung auf die gesamte Belegschaft erfolgt.
Wochenarbeitszeit umverteilen
Statt die Wochenarbeitszeit um acht Stunden erheblich zu verkürzen, bietet es sich an, die Stunden weniger drastisch zu kürzen und auf vier Tage zu verteilen. Kürzen Sie beispielsweise von 40 auf 38 Stunden, fällt der Lohnausgleich für die Betriebe deutlich geringer aus. Allerdings müssen sie bei dieser Methode darauf achten, nicht die zulässige tägliche Arbeitszeit zu überschreiten.
Arbeitszeitregelungen im Handwerk
Das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist in Bezug auf die Arbeitszeitregelungen recht streng: Gemäß § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten. Allerdings kann sie auf täglich bis zu zehn Stunden ausgeweitet werden, unter der Voraussetzung, dass „…innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.“
Damit können Arbeitszeit- und Arbeitsschutzregelungen die Umsetzung der 4-Tage-Woche erschweren. Hier wäre es nötig, den Betrieben in Absprache mit den Mitarbeitenden mehr Flexibilität einzuräumen, beispielsweise dadurch, dass das ArbZG eine wöchentliche statt einer täglichen Arbeitszeit vorgibt.
Kompaktarbeit
Bei dieser Methode wird die Arbeitszeit auf die verbleibenden vier Tage komprimiert, sodass die Arbeitsstunden pro Tag erhöht werden. Das bedeutet, dass an den Arbeitstagen länger gearbeitet wird, um die wöchentlichen Stunden beizubehalten. Auch hier gilt es das Arbeitszeitrecht und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu berücksichtigen.
Schichtarbeit und flexible Arbeitszeitmodelle
Sind die Auftragsbücher voll, können Sie es sich vielleicht nicht leisten, den Betrieb einen Tag in der Woche zu schließen. Sie riskieren, Kunden zu verlieren, da diese gegebenenfalls zu lange auf einen Termin warten müssen. Oder es ist in einigen Handwerksbranchen nötig, den Betrieb an fünf Tagen – oder sogar auch an sieben Tagen – in der Woche aufrechtzuerhalten. In diesen Fällen bietet es sich an, die 4-Tage-Woche in Form eines Schichtmodells oder flexiblen Arbeitszeitmodellen einzuführen. So können Ihre Mitarbeitenden beispielsweise an einem Tag ihrer Wahl einen freien Tag nehmen: am Montag oder am Freitag, um sich das Wochenende zu verlängern. Oder auch einfach mitten in der Woche. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass Sie Ihren Kunden ohne Einschränkung zur Verfügung stehen oder ermöglichen eine kontinuierliche Produktion an fünf Tagen und reduzieren dabei gleichzeitig die Wochenarbeitszeit Ihrer Mitarbeitenden. Möglicherweise gestatten Sie Ihren Mitarbeitenden auch, flexibel ganz nach Bedarf in Abstimmung mit dem Betrieb an einem beliebigen Tag in der Woche freizumachen. Diese Methode erfordert jedoch sorgfältige Planung und einen vergleichsweise hohen Aufwand.
Saisonal angepasste Arbeitszeiten
In saisonabhängigen Handwerksbranchen könnte die Einführung der 4-Tage-Woche saisonal angepasst werden. Während der Hochsaison arbeiten die Mitarbeitenden fünf Tage, während in der Nebensaison die verkürzte Woche in Kraft tritt.
So führen Sie die 4-Tage-Woche in Handwerksbetrieben ein
Es haben bereits einige Betriebe umgestellt und durchaus positive Erfahrungen mit der 4-Tage-Woche im Handwerk gemacht. Die Einführung einer 4-Tage-Woche kann die Work-Life-Balance der Mitarbeiter verbessern, die Produktivität steigern und die Attraktivität des Betriebes als Arbeitgeber sowie seine Chancen im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte erhöhen. Allerdings macht es wenig Sinn, Handwerksbetrieben die verkürzte Woche aufzuzwingen. Im Baugewerbe kann die 4-Tage-Woche beispielsweise durchaus sinnvoll sein. Während einige Gewerke von Montag bis Donnerstag auf der Baustelle arbeiten, nutzen andere den freien Freitag, um ihre Aufgaben ungestört zu erledigen. Oder kleinere Betriebe wie Maler, Klempner oder Dachdecker nutzen die 4-Tage-Woche, um den freien Tag für anfallende Büroarbeiten, wie die Terminplanung oder Rechnung schreiben, nutzen. Dagegen stoßen flexiblere Arbeitszeitmodelle beispielsweise in Fertigungsbetrieben, die seriell produzieren, schnell an ihre Grenzen.
Nicht jedes Modell passt zu jedem Betrieb. Daher ist es wichtig, bei der Einführung der 4-Tage-Woche in Handwerksbetrieben einige Punkte zu beachten.
Schritt 1: Analyse und Vorbereitung
Führen Sie eine gründliche Analyse durch, bevor Sie die 4-Tage-Woche in Ihrem Betrieb einführen. Überlegen Sie, ob Ihr Handwerksbetrieb über die nötigen Ressourcen verfügt und die richtige Struktur hat, um diese Veränderung zu unterstützen. Stellen Sie sicher, dass die Arbeitsabläufe in Ihrem Betrieb gut organisiert sind, damit die Produktivität nicht unter der Umstellung leidet.
Schritt 2: Expertenrat einholen
Ziehen Sie gegebenenfalls Experten hinzu. Beispielsweise eine Steuerberatung, um zu berechnen, wie sich die reduzierte Stundenzahl und ein möglicher Lohnausgleich auf die Finanzen Ihres Betriebes auswirken. Oder eine Rechtsberatung für Arbeitsrecht, um sicherzustellen, dass Sie bei einer Umverteilung der Stunden nicht gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen.
Schritt 3: Kommunikation und Mitarbeiterbeteiligung
Eine offene und ehrliche Kommunikation ist der Schlüssel zur erfolgreichen Einführung der 4-Tage-Woche. Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden frühzeitig über Ihre Pläne und geben Sie ihnen die Möglichkeit, Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern. Beziehen Sie sie in die Planung mit ein und fragen Sie nach ihren Wünschen und Vorstellungen. Auf diese Weise schaffen Sie Vertrauen und Akzeptanz für Veränderungen.
Schritt 4: Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung
Einer der Hauptvorteile der 4-Tage-Woche ist die Flexibilität der Arbeitszeitgestaltung. Überlegen Sie, wie Sie die Arbeitszeiten an die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden und Ihres Unternehmens anpassen können. Bedenken Sie dabei, dass junge Mitarbeitende mit Familie andere Bedürfnisse und Vorstellungen haben als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen. Möglicherweise können Mitarbeitende unterschiedliche Arbeitszeiten oder bestimmte Teams oder Abteilungen an unterschiedlichen Tagen arbeiten.
Schritt 5: Leistungsindikatoren festlegen
Die Arbeit, die Ihre Mitarbeitenden bisher an fünf Tagen in der Woche erbracht haben, muss künftig in vier Tagen erledigt werden. Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeitenden über die nötigen Fähigkeiten und Ressourcen verfügen, um effizient in der verkürzten Arbeitszeit zu arbeiten. Definieren Sie dazu klare Leistungsindikatoren, um die Produktivität und den Erfolg Ihres Handwerksbetriebs zu messen. Achten Sie dabei darauf, dass die Ziele erreichbar und die Indikatoren messbar sind, um den Fortschritt verfolgen zu können.
Schritt 6: Testphase einführen
Implementieren Sie eine Testphase, statt die 4-Tage-Woche sofort im gesamten Betrieb einzuführen. Beginnen Sie beispielsweise mit einer kleinen Gruppe von ausgewählten Mitarbeitenden oder einer Abteilung und evaluieren Sie die Erfahrungen. Betrachten Sie, was gut funktioniert und was verbessert werden sollte.
Schritt 7: Feedback sammeln und anpassen
Holen Sie während der Testphase regelmäßig das Feedback Ihrer Mitarbeitenden ein und passen Sie Ihre Pläne für die offizielle Einführung der 4-Tage-Woche an.
Schritt 8: Umsetzung im gesamten Betrieb
Die Testphase gibt Ihnen die Gelegenheit, den Prozess kontinuierlich zu verbessern und Anpassungen vorzunehmen. Sind Sie nach Abschluss der Testphase sicher, dass Ihr Handwerksbetrieb bereit ist, führen Sie die 4-Tage-Woche offiziell für alle Mitarbeitenden ein. Stellen Sie sicher, dass alle Mitarbeitenden über ihre neuen Arbeitszeiten, Aufgaben, Arbeitsabläufe und Erwartungen informiert sind.
Schritt 9: Monitoring und Evaluation
Nach der Einführung der 4-Tage-Woche überwachen Sie die Entwicklungen und Veränderungen sorgfältig. Betrachten Sie dabei nicht nur die Geschäftszahlen, sondern holen Sie auch das Feedback Ihrer Mitarbeitenden und Ihrer Kunden ein.
Schritt 10: Anpassungen vornehmen
Basierend auf den gesammelten Daten und dem Feedback Ihrer Mitarbeitenden und Kunden nehmen Sie kontinuierliche Anpassungen vor, um sicherzustellen, dass die Produktivität nicht leidet und mit der Umstellung Ihre Ziele – eine bessere Work-Life-Balance, zufriedene und motivierte Mitarbeitende, zufriedene Kunden und ein positives Image als Arbeitgeber – erreicht werden.
Fazit: Ist die 4-Tage-Woche im Handwerk sinnvoll oder eher utopisch?
Die Einführung einer 4-Tage-Woche im Handwerk kann sinnvoll sein, wenn sie richtig geplant und umgesetzt wird. Es ist wichtig, die spezifischen Anforderungen eines Handwerksbetriebs und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Je nach Art des Handwerksbetriebs, der Arbeitslast und Mitarbeiteranzahl sowie deren Qualifikationen und Fähigkeiten, den Kundenanforderungen und der Wettbewerbsfähigkeit ist sie nicht zwingend in jedem Handwerksbetrieb oder in jeder Branche realisierbar. Bevor Sie die 4-Tage-Woche in Ihrem Handwerksbetrieb einführen, sollten Sie eine klare Strategie und messbare Ziele festlegen. Nur wenn Sie genau wissen, was Sie tun und wie Sie Veränderungen messen können, kann die verkürzte Arbeitswoche dazu beitragen, die Work-Life-Balance zu verbessern, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern, Kunden zufriedenzustellen und die Produktivität zu erhöhen.
Ähnliche Artikel
Lesen Sie mehr zum Thema und erfahren Sie, wie Sie Ihr Geschäft voranbringen.
Frauen im Handwerk: Schluss mit der niedrigen Frauenquote
Die Frauenquote im Handwerk bleibt niedrig – diverser und erfolgreicher werden
Quereinstieg ins Handwerk: Neue Wege für berufliche Veränderung
Schlagen Sie mit dem Quereinstieg ins Handwerk neue berufliche Wege ein.
Künstliche Intelligenz im Handwerk: Wie KI das Handwerk verändert
KI für Handwerksbetriebe – so können KMUs die neue Technologie nutzen